Rückblick auf die ersten 40 Jahre
Weder aus der Gründerzeit noch aus späteren Jahren sind eigene Aufzeichnungen über unsere Ortsgruppe vorhanden. So läßt sich dank regelmäßiger Schriftführung erst seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts das Geschehen sehr genau verfolgen. Jedoch bieten die Notizen in den „Blättern des Schwäbischen Albvereins“ immer wieder vereinzelte Hinweise auf die Aktivitäten in Gaildorf.
Im Jahr 1891 trat als erstes Mitglied aus Gaildorf Herr Gerichtsnotar Beutelspacher dem Schwäbischen Albverein bei. Gegen Ende des Jahres waren es bereits fünf weitere Mitglieder; das Amt des Vertrauensmanns hatte Oberamtsarzt Dr. Viktor Mayer übernommen. Bereits drei Jahre nach der Gründung des Schwäbischen Albvereins 1888 in Plochingen bestand also in der albfernen Oberamtsstadt Gaildorf eine Ortsgruppe.
In dieser Zeit hat in Gaildorf auch ein Verschönerungsverein bestanden. Graf Friedrich von Pückler-Limpurg hat diesem Verein das Grundstück „Olgahöhe“ neben dem Eisenbahntunnel geschenkt, das – heute zwar in Privatbesitz – immer noch „dem Publikum geöffnet bleiben muß“, wie es das gräfliche Testament bestimmt. Der Vorstand des Verschönerungsvereins trat 1892 geschlossen dem Albverein bei, danach hörte man von diesem Verein nichts mehr.
Die ersten 25 Gaildorfer Mitglieder des Albvereins waren:
- Gerichtsnotar Beutelspacher
- Oberamtsarzt Dr. Viktor Mayer
- Amtsgerichtsschreiber Wilhelm Remppis
- Amtsrichter Hefelen
- Revieramtsassistent Dr. Karl Schuh
- Amtmann Kälber
- Kaufmann Johannes Epting
- Fabrikant Samuel Funk
- Postmeister Helbling
- Justizreferendar Lock
- Gräflich Pücklerscher Rentamtmann Gottlob Strenger
- Präzeptor Böhringer
- Kameralamtsbuchhalter Emil Ege
- Gräflich Pücklerscher Forstverwalter Karl Flander
- Amtsgerichtsschreiber Haußmann
- Apotheker Carl Buhl sen.
- Oberamtmann Jakob Christmann
- Gerichtsschreiber Feucht
- Revisionsassistent Hauber
- Oberförster Ludwig Kober
- Postpraktikant Melber
- Amtsrichter Mohr
- Postassistent Karl Neuwirth
- Redakteur Hermann Schwend
- Gräflich Pücklerscher Rentamtsassistent Stutz
Es war ganz offensichtlich die Oberschicht der damals etwa 1750 Einwohner zählenden Oberamtsstadt, die da Mitglied im Schwäbischen Albverein wurde, kein Bauer, kein Handwerker, kein Arbeiter. Hat man sich gegen diese Mitbürger abgeschottet, fragt man sich heute, oder blieb, was eher anzunehmen ist, für viele nach 60 Stunden Arbeit in der Woche und nebenbei noch kleiner Landwirtschaft einfach keinerlei Freizeit mehr.
Die Mitgliederzahlen haben sich in Gaildorf so entwickelt:
1891 1892 1893 1896 1898 |
6 16 23 39 87 |
![]() |
1900 1903 1906 1910 1913 1922 |
114 95 99 108 95 133 |
Im Jahr 1903 bestand in Gaildorf bezogen auf die Einwohnerzahl die stärkste Albvereins-Ortsgruppe in Württemberg.
Der Markierung von Wanderwegen wurde schon sehr frühzeitig große Bedeutung zugemessen. Einem Zeitungsbericht über die Mitgliederversammlung 1912 entnehmen wir, daß von dem Kassenbestand von 50 Mark 58 Pfennig – der Ortsgruppenbeitrag betrug jährlich 20 Pfennig – im Jahr 1911 zusammen 35 Mark für Wegbezeichnungen aufgewendet wurden, u.a. 18 Mark für den Weg Gaildorf – Einkorn. 1912 sollen 25 Mark ausgegeben werden für die Wege nach Sulzbach und Oberrot und zur Kohlenstraße. Im Jahr 1912 bietet der Wanderplan neben den im dreiwöchentlichen Turnus stattfindenden Halbtages-Wanderungen auch erstmals drei Tagestouren an.
1919 enstand der Albvereinsweg von Laufen am Kocher durch das Wimbachtal nach Mittelbronn, nachdem schon vorher der Weg über Schönberg nach Frickenhofen und Mittelbronn bezeichnet worden war. 1922 enthält der gedruckte Wanderplan der Ortsgruppe als Programmpunkte zwölf Wanderungen und zwei Familienabende. Im gleichen Jahr wurden von der Ortsgruppe 12 Ruhebänke im Stadtgebiet aufgestellt, die von einem Gönner gestiftet worden waren.
Bis 1999, fast 100 Jahre lang, stellten die Familienabende Höhepunkte des Programms dar. Sie waren so beliebt, daß sie in den zwanziger Jahren sogar zweimal im Jahr abgehalten wurden. 1919 wurde z.B. berichtet:
Die Teilnehmer kamen Unisono zu dem uneingeschränkten Urteil, daß sich die Leitung um unser gesellschaftliches Leben in Gaildorf wieder einmal sehr verdient gemacht hat.
Zur nächsten Episode: Die Erbauung des Kerner-Turms